Wie definiert man Augenblicke absoluter Vollkommenheit? Für Einige ist es der geknackte Lotto-Jackpot, Manche hingegen interessieren sich für eine verlässliche Auflistung seriöser, vertrauenswürdiger Investmentbanken, wiederum Andere träumen von einem Mega-Wochenende mit der attraktiven Bundesbeauftragten für den Fotomodell-Nachwuchs, Heidi Klum.
Aber diese Dinge sind, wie wir alle wissen, vergänglicher Natur: wie schnell sind ein paar Lotto-Millionen beim Halma verzockt, die eh schon kleine Liste integrer Kreditinstitute erneut um einige Einträge geschrumpft (incl. die der eigenen Hausbank!) und Heidi-Spatz mit dem pickligen Zahnspangenträger vom Pizzablitz durchgebrannt.
Doch nochmal zur anfangs gestellten Frage: Gibt es da nicht eventuell auch in Eurem Bekanntenkreis jene, die urplötzlich wie gewandelt scheinen, so, als schöpften sie magische Kraft aus einem grossen, für immer prägenden Erlebnis?
Sie alle haben natürlich eines gemeinsam:, – den Besuch von einem Genesis – Konzert! (Als wenn Ihr es nicht ohnehin schon geahnt hättet …)
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Auch ich selbst erinnere mich noch bestens an das erste Mal, obwohl es schon eine Weile her ist (14.06.1978).
Irgendjemand in meinem Bekanntenkreis war krank geworden, die Eintrittskarte somit über – ich sprang ein: Genesis in Dortmund“, hieß es, „haste bestimmt schon mal gehört. Denen ist doch der Gabriel ausgestiegen, dafür singt jetzt der Drummer, dieser Collins.“
„Na gut,“ sagte ich mir, „saugst Du Dir das ganze mal rein, und so`n nettes Bier hinterher kann auch nicht schaden.“
Bis dahin hatte ich schon mehrere Gigs anderer Gruppen gesehen: Jethro Tull, Supertramp, Uriah Heep, Mike Oldfield, Status Quo und weiß der Geier, war also kein Anfänger mehr in diesen Sachen; alles nicht schlecht, aber …
Da saß ich nun in der Westfalenhalle, keinen Schimmer, wie die Songs hießen, die mich da auf „Wolke 7“ hievten; bombastische Lightshow mit dem goldensten Gold, dem blauesten Blau und dem rotesten Rot, das ich je gesehen hatte.
Der „singende Drummer“ machte seine Sache hervorragend; die Zuschauerveteranen aus der Gabriel-Ära rings um mich, die schon das Ende von Genesis heraufbeschworen hatten, sahen sich mit feuchten Augen wundervoll getäuscht.

Als auch ich einige Tage nach dem Konzert endlich wieder für meine Umwelt ansprechbar war, wußte ich: Frank – das isses!
Seitdem habe ich alles an CD´s, das heißt, eigentlich waren es „damals“ ja noch LP´s (für jüngere Leser: kreisrunde, schwarze Rillenträger aus Vinyl, geht mal zum Flohmarkt!) welche diese gnadenlos geniale Crew eingespielt hat, mit zitternden Händen nach Hause getragen und bis zum Abwinken durchgenudelt.
Und dann die Texte: Was weiss ich, wieviele Stunden alleine dafür draufgingen, die literarischen, teils der Mythologie entlehnten Leckerbissen aus der Feder von Altmeister Gabriel auswendig zu lernen. Gut, dass ich damit nicht alleine stand! Mein damaliger Genesis– Tutor und bester Kumpel Peter verbrachte so manche Nacht mit mir in hitziger Diskussion darüber, welche Botschaften denn in Metaphern wie „666 is no longer alone“ für uns unwürdige, im Gegensatz zu Genesis sterbliche Kreaturen, verborgen waren.
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Zudem hatten wir bei unserer Passion – darüber waren wir uns nach einer gewissen Anzahl von Bierchen stets einig – bestimmt auch prominente Vorreiter: Waren Persönlichkeiten wie Abraham Lincoln, Dschinghis Khan, Ludwig der XIV, Karl der Grosse, Albert Einstein sowie Cäsar und Kleopatra zu Lebzeiten womöglich ebenfalls begeisterte Genesis– Anhänger gewesen? Zumindest – das ist historisch verbürgt – haben sie sich niemals gegenteilig geäussert 😉
Irgendwann zwischen ‚And Then There Where Three‘ und ‚Duke‘ lernte ich dann jedenfalls meine spätere Ehefrau kennen. Nachdem ihr beim ersten Kennenlernen meine Eltern gesteckt hatten, dass ich gerade eine sicherlich nur kurze Phase hätte, in der ich ständig diese „unmögliche“ Musik hören würde, war sie doch glatt der Meinung, dass sie mir diese „Flausen“ schon ruckzuck austreiben werde.
Heute, rund 40 Jahre später, hat meine bessere Hälfte längst eingesehen, dass ich eine minimale Wochenration von 3-4 Stunden intensiven Genesis– Genusses per Kopfhörer brauche und sich dieses auch nicht mehr ändern wird!
Wie geht es jetzt weiter?
Ihr da draußen vor dem Bildschirm müßt überlegen, wo in Eurer Nähe der nächste CD-Laden ist und wie man da am schnellsten hinkommt. Ich selbst werde weiter in meinem Bekanntenkreis auf Anhänger-Fang gehen oder eine (nicht ganz ernst gemeinte) kleine Exkursion in meiner Heimatstadt starten …
Mehr Infos | |
Eintrittskarte: | 14.06.78 Dortmund |
Presseartikel: | 14.06.78 Dortmund |
Setliste: | 14.06.78 Dortmund |
Exkursion: | Auf den Spuren von Genesis (satirisches PDF) |
Kunstwerk: | Genesis als Kekse (ein gelungenes Geburtstagsgeschenk meiner Kinder) |

